Leider haben solche Spiele einen schlechten Ruf, der durch einseitige Berichterstattung der Medien, dass es noch keine Studien über Langzeitfolgen gibt und der Angst vieler Menschen vor diesen und das Nichtkennen dieser Art der Freizeitbeschäftigung entstanden sind.
Die Diskussionen, die nach Tragödien, wie sie in Columbine oder erst unlängst in Winnenden passiert sind, entstehen, sind meist dadurch geprägt, schnell einen Schuldigen finden zu müssen. Hier bieten sich die allseits bekannten Ego-Shooter an, die man wahrscheinlich in 90% aller Zimmer von 16-jährigen Knaben finden wird. Dabei werden viele andere Faktoren, die das Leben dieser Kinder beeinflussen, erst einmal ausgeklammert.
Ich bin davon überzeugt, dass diese Art der Spiele zu einer Verrohung führen kann, jedoch glaube ich, dass es im Aufgabenbereich der Eltern und der Schule liegt, hier Medien erzieherisch einzugreifen. Das darf natürlich nicht richtend oder herabsetzend sein. Der Schüler kennt die Welt, der wenigste Lehrer kann sie begreifen. Ich möchte hier nur an die pädagogischen Diskussionen erinnern, die mit der Erfindung des Filmes entstanden.
Auch der Fingerzeig auf die Eltern, die den Kindern die Spiele kaufen, sehe ich nicht als Zielführend, da diese oft einem enormen Druck ausgeliefert sind, oder genau wie Lehrer sich nicht auskennen und von ihren Kindern ausgetrickt werden. Ich empfinde es als wichtig, dass die Schule auch hier Aufklärung betreibt. Fast jeder Lehrer kann Tipps geben, was das Fernsehverhalten der Kinder betrifft, und tut es auch. Aber genau wie beim Fernsehen gilt, dass man Kinder dabei nicht alleine lassen sollte, ihnen die Unterschiede zwischen Realität und Fiktion erklärt und sie beruhigt, wenn sie sich fürchten. Außerdem ist jedem klar, dass das auch bei einer Kinderserie wie Biene Maja sein kann, wenn das Kind sehr sensibel ist.
Doch wie soll diesen Anspruch die Schule erfüllen? Ich glaube zum einen, dass sich Lehrer mit Computerspielen zumindest inhaltlich auskennen sollten. Hier kann ein Blick in Wikipedia oft reichen. Zum anderen kann ein Einzug der Spiele als Unterrichtsmedium auch einiges bewirken. Meiner Erfahrung nach, kaufen und spielen Kinder diese dann auch privat.
Spiele, die ich in meinem Unterricht einsetze, sind natürlich für die Altersgruppe geeigent, beinhalten nur das Maß an Gewalt, die ich den Kindern zutraue, ich spiele sie zuvor und überlege mir gezielte Arbeitsaufträge - genau wie ich es bei einem Film mache.
Der Einsatz ist in nahezu allen Fächern möglich. Für Englisch in der Unterstufe kann man Hide&Seek Spiele einsetzen, bei denen man ein Liste von Vokabeln in einem Bild suchen muss, in der Oberstufe sind Adventures, wie z.B. "Murder on the Orient Express" (The Adventure Company, 2006) geeignet, in Mathematik jede Art von Wirtschaftssimulation mit ihren Statistiken und Einnahmen-Ausgabentabellen. Man kann in Biologie z.B. Zoosimulationen einsetzen und die Möglichkeiten für Geschichte sind schier unbegrenzt.
Wichtig ist, dass die Kinder einen konkreten Arbeitsauftrag haben, wenn man sie alleine spielen lässt, da es sonst in der begrenzten Zeit einer Unterrichtseinheit zu keinem sichtbaren Lernerfolg kommt. Weiters sollte der Lehrer bedenken, dass manche Kinder Hilfe brauchen. Kann der Lehrer nicht helfend eingreifen, wäre es ratsam die Kinder im Team spielen zu lassen. Jedoch sollte dem Lehrer klar sein, dass die Kinder in unterschiedlichen Tempi spielen. Will der Lehrer, dass alle gleichzeitig zum gleichen Ziel kommen oder sind nicht für jeden Einzelrechner genügend Spiele zur Verfügung, kann auch über einen Beamer abwechselnd gespielt werden. So wird das Spiel zum gelebten Film.
Drei Spiele möchte ich jetzt besonders hervorheben:
- Big City Adventure: San Francisco (Big Fish Games, Oberon Media) - Das Hide&Seek kann man über MSN Games auf Englisch herunterladen. Es ist eine Stadtrundfahrt zu 20 Plätzen in San Francisco, bei denen man versteckte Gegenstände suchen muss. Dazwischen sind Postkarten, die die Sehenswürdigkeiten beschreiben. Kombiniert mit einem Arbeitsblatt kann man so nicht nur das Vokabular der Kinder erweitern, sondern auch ihr Wissen über San Francisco. Die Fortsetzung zu dem Spiel ist über die Stadt Sydney.
- Sid Meier's Pirates (12+, Firaxis Games, Atari) - Das Spiel, das Elemente von Rollenspielen, Echtzeit-Strategie und Wirtschaftssimmulationen beinhaltet, kann Fächer übergreifend eingesetzt werden. Der Spieler ist ein Freibeuter der Karibik des 16.-18. Jahrhunderts. Im Spiel ist auch eine umfangreiche Enzyklopädie rund um das Leben von Piraten zugänglich, bei der Begriffe wie z.B. Blackbeard, Caracas oder Galeone ausführlich erklärt werden. Bei dem Spiel sind Möglichkeiten des Einsatz in Geschichte, Geografie und Musik.
- Wild Earth: Africa (3+, xplosive games, Animal Planet) - In diesem Spiel übernimmt man die Rolle eines Fotojournalisten, der durch die Savanne Afrikas läuft, fährt und fliegt und dabei Tiere und Pflanzen fotografieren muss. Begleitet wird man von Wissenschaftlern, die das Verhalten der Tiere erklären. Um gute Bilder machen zu können, darf man nicht zu weit von den Tieren entfernt sein, darf ihnen aber auch nicht zu nahe kommen - Löwen reagieren wie Löwen. Nach jedem Level, der absolviert wurde, erhält man einen wissenschaftlichen Artikel mit den selbst geschossenen Bildern. Diese Bilder werden auch in einem zugänglichen Ordner am PC abgespeichert, die man z.B. auch für einen eigenen Artikel verwenden kann. Weiters hält die Homepage des Spieles (http://www.wildearthgame.com/) auch einiges an Unterrichtsmaterial bereit.
Ich hoffe, ich habe jemanden im Netz Lust gemacht, es auszuprobieren. Mir ist klar, dass es sich nicht alle vorstellen können, aber jedem, der es kann, rate ich es auszuprobieren. Es macht Spaß und die Kinder lernen mehr beim Tun, als beim Zuhören. So bringt man den größten Lernmuffel zum Wissensgewinn.
